Neben den vielen Filmen, Workshops und Performances des 13. Pornfilmfestival Berlin finden im Moviemento im Jahr 2018 wieder Kunstausstellungen statt.
Als Ergebnis eines offenen Aufrufs wurden zwölf künstlerische Positionen aus verschiedenen Ländern ausgewählt und zur Ausstellung eingeladen. Die Künstler*innen präsentieren ihre Arbeiten (u.A. Fotografie, Skulpturen, Video und Malerei) im verschiedenen Räumen des Kinos, die sich auf sinnliche, mutige, kritische und spielerische Weise mit den Themen Sexualität, Feminismus, Erotik, Geschlechtsidentität und Politik auseinandersetzen.
Kuratiert von Sandy Becker
die Blaue Distanz (von Anna Erdmann & Franziska Goralski)
Strap Wear tragen
die Blaue Distanz erfand den Begriff „Strap Wear“ für eine besondere Art von erotischer Kleidung. „Strap Wear“ manifestiert sich zwischen den Polen, halb nackt und bekleidet zu sein. Tragen von „Strap Wear“ ist eine Ermächtigung, mit Geschlechterrollen zu spielen und versteckte Identitätsfacetten zu zeigen.
Das Kollektiv besitzt eine „Strap Wear“-Kollektion aus gekauften und selbst entworfenen, handgefertigten Stücken. Als Materialien werden häufig (Kunst-)Leder, Gummibänder, Metallstifte, Ösen und Ringe und Netzgewebe verwendet.
Patrice Honore und Francois Ghys
Fuck War
Die Statue FUCK WAR besteht aus Bronze und wurde aus der Munition einer Kalaschnikow AK47 hergestellt. Entworfen von AKT.
AKT ist ein Team von Ingenieuren, Designern und Handwerkern, die Kunst mit zerstörten Waffen und Munition schaffen, die von der Schweizerischen Stiftung für Minenräumung gesammelt wurden.
Dieses Stück, inspiriert von einem Zitat von Iggy Pop, ist eigentlich ein visueller Witz; es ist eine Möglichkeit, den Krieg in eine Lachnummer zu verwandeln.
Matt Romein
Meat Puppet Arcade
MEAT PUPPET ARCADE ist eine Sammlung von Computerprogrammen, die 3D-Scans des nackten Körpers des Künstlers in Sisyphus-artige Umgebungen platziert, in denen er gestossen, geknüppelt und in anregender, humorvoller und bewegender Weise stimuliert wird. Das Projekt untersucht, wie digitale Technologie es dem physischen Körper ermöglicht, unmögliche Formen der imaginären Stimulation und des Schmerzes ausgesetzt zu sein.
Durch die Trennung der Beziehung zwischen gewalttätigem und euphorischem Handeln und den daraus resultierenden körperlichen Empfindungen, erkundet das Projekt die Möglichkeiten des digitalen Körpers als Ersatz für unmögliche Vorlieben und die Frage, ob die Abwesenheit von Konsequenz und physischem Schmerz die Wirksamkeit dieses Ansatzes negiert.
HAИ
Play
Während der Untersuchung der Tabuthemen Masturbation und sexueller Lust, kann man immer noch weithin eine stigmatisierende Wahrnehmung von Sexspielzeugen als schmierig und anrüchig beobachten. Dies ist teilweise auf die veraltete und grobe Werbung für solche Produkte in Sexshops zurückzuführen.
PLAY hebt die Vorstellung hervor, dass Sexspielzeuge uns helfen können, Intimität mit uns selbst und anderen besser zu verstehen. HAИ zeigt Spielzeug in einer Gucklochästhetik, um dem Betrachter ein Gefühl von Voyeurismus zu vermitteln und repliziert die Atmosphäre eines privaten Ladens, um diese Produkte zu kaufen.
Erik Gebbert
Team Boys Series
Die TEAM BOY SERIES sind eine Reihe von Holzschnitten in verschiedenen Formaten. Die Serie besteht aus ca. 120 Drucken und mehrere Druckplatten aus Linden- und Buchenholz. Die Motive der Drucke basieren auf gefundenen Aufnahmen: homoerotische Pin-ups und Bildern aus Pornofilmen, direkt aus dem halböffentlichen Raum des Internets.
Der Ansatz ist eine spielerische, grafische Untersuchung des Körperbildes innerhalb der Homoerotik. Als Ergebnis der Drucktechnik bestehen die Bilder aus mehreren Farbschichten. Gleichzeitig verschwindet das Spiegelbild auf der Druckplatte je mehr Schichten zum Druck hinzugefügt werden.
Cristina Zickert
Crispy, Soft & Tender
Die Grenzen des Pornos sind dabei, sich aufzulösen – sie werden aufhören zu existieren. Deshalb wandert Pornographie zunehmend von den Rändern der Gesellschaft zu ihrer Mitte. Instagram-Phänomene wie Foodporn, Travelporn etc. spiegeln diese Verschiebung wider.
Ohne menschliche Körper zu darzustellen, erzeugen die Bilder die Ikonographie einer neuen Art von Pornographie. Die Arbeit CRISPY, SOFT & TENDER erforscht die einzigartige Ikonographie und Sprache von Foodporn. In der Absicht, pornographisch zu sein, fordert sie die Grenzen der zeitgenössischen Pornographie heraus.
Mischa Badasyan und Abdulsalam Ajaj
Skin Hunger
SKIN HUNGER ist ein Projekt aus der Performance-Serie TOUCH und beschäftigt sich mit dem psychologischen Begriff „Hauthunger“, der das Bedürfnis nach Nähe und Körperlichkeit beschreibt.
Suspension und Piercings fungieren als Metapher für die Nähe zum eigenen Körper und die Kommunikation mit sich selbst.
Carla Schleiffer
Mit der Dokumentation von Filmemacher*innen und Schauspieler*innen aus der queeren Pornoszene in Berlin gibt Carla Schleiffer enge Einblicke in die äußere und innere Welt der Künstler*innen und ihrer Projekte.
Durch die ausschließlich analoge Fotografie haben die Bilder einen starken, einzigartigen und manchmal cineastischen Charakter.
Virginia De
Sin
Die christliche Vision des Lebens setzt die Existenz einer „Sünde“ voraus. Sünde ist die Überschreitung zu einer persönlichen Verpflichtung, zu einer unendlichen Forderung nach einer Macht, die nicht zu fassen ist.
Die Kontrolle der Triebe und Sexualität wurde ein grundlegendes Element in der Heiligen Inquisition in Spanien. Die Bilder versuchen, diese Vision näher zu bringen mit genauen Repliken der Geräte, mit denen die Sexualität von Frauen in dieser Zeit bestraft wurden.
Ashley Lake
In den letzten fünf Jahren hat Ashley mit der als Escort und in der Erwachsenenunterhaltung arbeitenden Liara Roux zusammengearbeitet, um Bilder zur Bewerbung von Liaras persönlicher Sexarbeit zu erstellen. Zusammen haben sie eine Marke geschaffen, die auf einem Gefühl von Sehnsucht und sogar Nostalgie beruht, mit natürlichem Licht und Filmfotografie, um den Bildern ein organisches Gefühl zu geben. Während sie häufig auf Werbeseiten, wie Eros, zu finden sind, ist jetzt eine kleine Auswahl dieser Bilder für die Ausstellung und als Sammlung von Kunstobjekte an und für sich zu sehen.
Friederike Jäger
Orchestra Of Love
Collage gehört zu Jägers Klängen ebenso wie zu ihren Malarbeiten, die sich mit Versuch und Irrtum beschäftigen.
Kombinationen, die gesehen oder gehört werden können. Beim Pornfilmfestival, verbinden Tiergeräusche – „gähnen“ – oder Pornogeräusche – „stöhnen“ – tierische und menschliche Klänge zu einer abstrakten Multimedia-Collage.
Ergänzt wird dies durch kleinformatige Skizzen und Gemälde in den Toilettenkabinen des Moviemento, die „Ideen geistiger und körperlicher Liebe“ enthalten.
Ruschka Steininger & Benjamin Krieg
In her blood
Eine banale Situation: eine Frau menstruiert. Aber dieses Mal bleibt jeder Tropfen ihres Blutes im Raum. Zwei Kameras sind auf ihr Bett gerichtet.
IN HER BLOOD (Im Blut) befasst sich mit der Tabuisierung und Kontrolle von Menstruationsblut, das in der Öffentlichkeit völlig unsichtbar ist – als Fleck zwischen den Beinen z.B. Oder absolut negiert wenn hellblaue Flüssigkeit auf schneeweiße, strahlende Damenbinden tropft: misogyne Reinheitsphantasien, die Frauen* und ihre tatsächlichen Körper verneinen. IN HER BLOOD geht mit diesem Weiß nun anders um: es wird befleckt.